Standardmäßig benutzt der FreeBSD-Kernel die C-Aufrufkonvention. Weiterhin wird,
obwohl auf den Kernel durch int 80h
zugegriffen
wird, angenommen, dass das Programm eine Funktion aufruft, die int 80h
verwendet, anstatt int
80h
direkt aufzurufen.
Diese Konvention ist sehr praktisch und der Microsoft®-Konvention von MS-DOS® überlegen. Warum? Weil es die UNIX®-Konvention jedem Programm, egal in welcher Sprache es geschrieben ist, erlaubt auf den Kernel zuzugreifen.
Ein Assembler-Programm kann das ebenfalls. Beispielsweise könnten wir eine Datei öffnen:
kernel: int 80h ; Call kernel ret open: push dword mode push dword flags push dword path mov eax, 5 call kernel add esp, byte 12 ret
Das ist ein sehr sauberer und portabler Programmierstil. Wenn Sie das Programm auf ein anderes UNIX portieren, das einen anderen Interrupt oder eie andere Art der Parameterübergabe verwendet, müssen sie nur die Prozedur kernel ändern.
Aber Assembler-Programmierer lieben es Taktzyklen zu schinden. Das obige Beispiel
benötigt eine call/ret
-Kombination. Das können wir
entfernen, indem wir einen weiteren Parameter mit push
übergeben:
open: push dword mode push dword flags push dword path mov eax, 5 push eax ; Or any other dword int 80h add esp, byte 16
Die Konstante 5
, die wir in EAX
ablegen, identifiziert die Kernel-Funktion, die wir
aufrufen. In diesem Fall ist das open
.
FreeBSD ist ein extrem flexibles System. Es bietet noch andere Wege, um den Kernel aufzurufen. Damit diese funktionieren muss allerdings die Linux-Emulation installiert sein.
Linux ist ein UNIX-artiges System. Allerdings verwendet
dessen Kernel die gleiche Systemaufruf-Konvention, bei der Parameter in
Registern abgelegt werden, wie MS-DOS. Genau wie bei der UNIX-Konvention wird die Nummer der Funktion in EAX
abgelegt. Allerdings werden die Parameter nicht auf den
Stack gelegt, sondern in die Register EBX, ECX, EDX, ESI, EDI,
EBP
:
open: mov eax, 5 mov ebx, path mov ecx, flags mov edx, mode int 80h
Diese Konvention hat einen großen Nachteil gegenüber der von UNIX, was die Assembler-Programmierung angeht: Jedesmal,
wenn Sie einen Kernel-Aufruf machen, müssen Sie die Register push
en und sie später pop
en. Das
macht Ihren Code unförmiger und langsamer. Dennoch lässt FreeBSD ihnen die
Wahl.
Wenn Sie sich für die Linux-Konvention entscheiden, müssen Sie es das System wissen lassen. Nachdem ihr Programm übersetzt und gebunden wurde, müssen Sie die ausführbare Datei kennzeichnen:
% brandelf -t Linux filename
Wenn Sie speziell für FreeBSD programmieren, sollten Sie die UNIX-Konvention verwenden: Diese ist schneller, Sie können globale Variablen in Registern ablegen, Sie müssen die ausführbare Datei nicht kennzeichnen und Sie erzwingen nicht die Installation der Linux-Emulation auf dem Zielsystem.
Wenn Sie portablen Programmcode erzeugen wollen, der auch unter Linux funktioniert, wollen Sie den FreeBSD-Nutzern vielleicht dennoch den effizientesten Programmcode bieten, der möglich ist. Ich werde Ihnen zeigen, wie Sie das erreichen können, nachdem ich die Grundlagen erklärt habe.
Um dem Kernel mitzuteilen welchen Dienst Sie aufrufen, legen Sie dessen Nummer in
EAX
ab. Natürlich müssen Sie dazu wissen welche Nummer
die Richtige ist.
Die Nummer der Funktionen sind in der Datei syscalls aufgeführt. Mittels locate syscalls finden Sie diese in verschiedenen Formaten, die alle auf die gleiche Weise aus syscalls.master erzeugt werden.
Die Master-Datei für die UNIX-Standard-Aufrufkonvention finden sie unter /usr/src/sys/kern/syscalls.master. Falls Sie die andere Konvention, die im Linux-Emulations-Modus implementiert ist, verwenden möchten, lesen Sie bitte /usr/src/sys/i386/linux/syscalls.master.
Anmerkung: FreeBSD und Linux unterscheiden sich nicht nur in den Aufrufkonventionen, sie haben teilweise auch verschiedene Nummern für die gleiche Funktion.
syscalls.master beschreibt, wie der Aufruf gemacht werden muss:
0 STD NOHIDE { int nosys(void); } syscall nosys_args int 1 STD NOHIDE { void exit(int rval); } exit rexit_args void 2 STD POSIX { int fork(void); } 3 STD POSIX { ssize_t read(int fd, void *buf, size_t nbyte); } 4 STD POSIX { ssize_t write(int fd, const void *buf, size_t nbyte); } 5 STD POSIX { int open(char *path, int flags, int mode); } 6 STD POSIX { int close(int fd); } etc...
In der ersten Spalte steht die Nummer, die in EAX
abgelegt werden muss.
Die Spalte ganz rechts sagt uns welche Parameter wir push
en müssen. Die Reihenfolge ist dabei von rechts nach links.
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